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Interview-mit-der-Vita-Pensionskasse-FinanzFabio

Inter­view mit der Vita Pensi­ons­kasse zur Alters­vor­sorge

"Lieber FinanzFabio,

Auf der Suche nach einem interessanten Interviewpartner zum Thema Sparen/Altersvorsorge sind wir auf deinen coolen Blog gestossen. 
Für einen Artikel auf vita.ch/wissen möchten wir einem jungen und einen erfahrenen Finanzexperten dieselben Fragen stellen und deren Antworten gegenüberstellen.

Wärst du dafür zu haben? Weiteres gerne per E-Mail oder Telefon. Ich freue mich von dir zu hören.

Vorsorgliche Grüsse"

"Hallo,

Eine Frage vorneweg, soll ich der junge oder erfahrene Finanzexperte sein?

Und wenn du mir versprichst, dass ich im Artikel nicht Finanzexperte genannt werde, dann bin ich dabei.

Liebe Grüsse"

Das Interview...

Das Interview kannst du hier lesen 🙂

https://www.vita.ch/de/vorsorgethemen/wissen/warum-sparen-fuer-das-alter

...und was wirklich gesagt wurde

Du hast doch nicht geglaubt, das wäre schon alles was ich zu sagen habe 😉

Lohnt es sich überhaupt noch zu sparen heute?

Ja, definitiv. Also, sparen auf dem Sparkonto lohnt sich nicht, aber Geld anzulegen wird völlig unterschätzt, weil viel zu wenig Wissen über Finanzen vorhanden ist. Die finanzielle Bildung in der Schweiz ist gleich Null, eine Katastrophe. Da müssten wir ansetzen, den Menschen erklären, dass die Börse nicht böse ist. Die Börse unterstützt die Wirtschaft, die Firmen. Du stellst den Firmen Geld zur Verfügung und bekommst dafür Geld, eine Dividende, sprich: Zins. Es ist sicher wichtig, einen Notgroschen zu haben und in das 3a-Konto sollte man einzahlen und seine Steuern sollte man bezahlen können. Darüber hinaus lohnt es sich in meinen Augen nicht, mehr als sechs Monatslöhne auf der Seite zu haben. Also Geld, das einfach nur auf dem Konto liegt, ohne Zins. Zudem ist die Verlockung auch sehr gross, das Geld für Ferien zu verbraten oder ein neues Auto zu kaufen, weil das Geld verfügbar ist. Dann lieber ETFs kaufen und das Geld liegen lassen. ETFs sind sehr günstig, alle Banken und Versicherungen sind viel zu teuer und wollen auch selbst noch etwas daran verdienen.

Blogbild

Wenn man einen etwas kürzeren Anlagehorizont hat, würde ich bei 10 Jahren immer noch an die Börse und schauen, dass man das Geld nicht gerade dann braucht, wenn sie crashed. Das ist das Risiko, dass man dabei trägt. Bei 5 Jahren ist es schwieriger, da ist das klassische Sparen sicher nicht ganz verkehrt. Da würde ich auch nicht zu viel Risiko eingehen. Wenn Du in 5 Jahren ein Haus kaufen willst, nutze die 3. Säule. Wenn du definitiv in 5 Jahren ein Haus kaufst, können wir über einen Pensionskasseneinkauf sprechen. Denn mit einem WEF bringst du das Geld dann auch wieder raus. Man muss es von Fall zu Fall anschauen, eine pauschale Empfehlung gibt es nicht.

Natürlich spielt es auch eine Rolle, in welcher Lebenssituation man sich gerade befindet. Mit 55 bietet es sich zum Beispiel auch an, zu prüfen, ob ein Pensionskasseneinkauf Sinn macht. Dies ist eine sehr risikoarme Optimierung der Finanzen, weil die Optimierung aus der Steuerersparnis besteht. Das macht für eine 32-Jährige hingegen wenig Sinn, mit einem Anlagehorizont von über 30 Jahren.

Sparst du persönlich? Wie?

Nicht mehr. Ich habe ein Eigenheim, aber heute reicht es mir, wenn ich 10‘000.- Franken auf dem Sparkonto habe. Zudem habe ich investiert in eine Renditeliegenschaft, und jetzt kaufe ich einfach jeden Monat für etwa 1500.- Franken ETFs. Das ist meine Art zu sparen. Ich lege mein Geld an, weil es mir Spass macht. Und die Rendite ist ein netter Nebeneffekt vom Alterssparen. Strategisch ist es aber auf jeden Fall. Es ist wichtig, eine Strategie zu haben und ich habe meine gefunden. Momentan habe ich keine grössere Ausgabe, die auf mich zukommt, auf die in sparen möchte. Die letzte grosse Reparatur meines Autos habe ich gerade durch, das Auto sollte jetzt nochmals für die nächste 100‘000.- km Ruhe geben. Im dümmsten Fall, wenn es ganz den Geist aufgibt oder ich in einen Baum fahre, dann kann ich auch aufs Auto verzichten und ÖV fahren.

Was sind deine top 3 Tipps fürs Alterssparen?

1. Fixkosten anschauen und in den Griff kriegen.

Es geht mir nicht um den Latte Macchiato von Starbucks. Sondern darum, sich zu fragen, ob man zuhause einen Internetanschluss für 70 Franken benötigt oder einfach übers Handy einen Hotspot einrichten kann. Es lohnt sich oft, die Krankenkasse zu vergleichen, auch wenn ich kein Fan davon bin, jedes Jahr zu wechseln, aber oft lohnt sich ein Wechsel. Statt beim Chef eine Lohnerhöhung zu verlangen, lohnt es sich, die Fixkosten anzuschauen und so jeden Monat 200.- Franken einzusparen. Das ist nicht nur kurzfristig, sondern vor allem mittelfristig sehr lukrativ. Schau hin, wo du Geld ausgibst. Und dort wo es dir wichtig ist, hau rein. Und alles andere, was dir nicht wichtig ist, spare dort rigoros. Wenn du zum Beispiel gerne in die Ferien gehst, dann erhöhe dein Ferienbudget und gehe dafür nicht jedes Mal mit den Kollegen etwas trinken vor dem Essen, wenn du gar keine Lust hast darauf. Wenn du mehr Geld zur Verfügung hast, überleg dir, was du mit dem Geld anstellst.

2. Säule 3a, ganz klar

Wenn möglich und man es sich leisten kann, empfehle ich, diese auszureizen. Sonst einfach was möglich ist. 3a hat Priorität vor den Ferien, vor dem Ausgang, vor dem Auto.

3. ETFs

(Da wollte ich mich nicht mehr wiederholen :p)

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Generationenkonflikt? Vertrauen ins System?

Ich bin überzeugt, dass ich keine AHV mehr bekommen werde. Wer mit 32 noch daran glaubt, ist naiv. Ich bin auch nicht sicher, ob ein heute 45-Jähriger noch eine AHV-Rente bekommt. Irgendwann klöpfts, und zwar brutal. Die 2 Milliarden, die wir in die AHV einzahlen, sind ein Tropfen auf den heissen Stein. Die AHV wurde 1948 komplett anders berechnet. Damals waren es 19 Menschen, die für einen Rentner zahlten. Heute sind wir bei 4 oder 5 und in 20 Jahren sind wir bei 1:1. Das geht einfach nicht mehr auf. Die Alten schulden uns Jungen Geld. Sie leben auf unsere Kosten, aber wie wollen wir das lösen? Wenn nicht endlich mal ein Politiker kommt und radikal alles umstellen will, haben wir ein Problem. Aber so wirst du nicht gewählt als Politiker. Weil diejenigen, die wählen gehen, sind die Älteren. Und die sagen, wir hätten gerne eine AHV. Ich verstehe jeden 55-jährigen, der sich dagegen wehrt, bis 70 arbeiten zu müssen und weniger AHV zu bekommen. Aber ich persönlich würde mir wünschen, dass ich jeden Rappen, den ich in die AHV einbezahlt habe, morgen wieder auf dem Konto hätte und mich selbst um meine Altersvorsorge kümmern könnte. Ich bin überzeugt, ich hätte dann mehr als die 28‘440.- Franken Altersrente.

Mein Vertrauen in das Vorsorgesystem ist also nicht allzu gross. Die Überlegungen dazumal waren sensationell, es wurde einfach verschlafen, das das System anzupassen. Auch bei der Pensionskasse habe ich gewisse Bedenken. Wenn ich die Möglichkeit hätte, das Geld aus der Pensionskasse herauszunehmen, würde ich es tun. Denn ich denke, dass ich einen besseren Job machen würde mit dem Geld, als eine PK, die mir 1% Zins auszahlt. Da ist es auch kein Kapitaldeckungsverfahren mehr sondern ein Umlageverfahren. Aber dort habe ich das Gefühl, dass ich mein Geld noch retten kann – dort weiss ich wenigstens jedes Jahr, wieviel Geld ich gespart habe. Im Gegensatz zur AHV. Beim 3a-Konto bin ich sicher, dass ich das Geld, das ich dort einzahle, wieder bekomme, wenn es nötig ist. Ich spare selbst fürs Alter und verlasse mich nicht aufs System. Wenn es dann doch noch eine AHV-Rente gibt, nehme ich sie gerne, denn einbezahlt habe ich ja. Ich glaube einfach nicht mehr dran. Ich hätte gerne mal eine Antwort von einem Politiker, wie er die Jungen entschädigen will, die heute für die Alten zahlen. ((Von mir aus können wir das Militär abschaffen und das Geld in die AHV stecken.))

Welche Themen beschäftigen dich in Bezug auf die Altersvorsorge?

Wie kann es sein, dass der Grossteil der Schweizer, die hier arbeiten und einer Pensionskasse angehängt ist, keine Ahnung hat? Sie wissen nicht, wie viel Geld sie in der PK haben, wie das Geld angelegt und verzinst wird, was sie einmal für eine Rente haben werden oder was mit dem Geld passiert, wenn sie sterben. Ich finde das krass, dass es da so wenig Aufklärung gibt und dass es eine Holschuld ist. Wenn sich jemand informieren will, muss er sich diese Informationen selbst suchen.

Dass ich aktiv nach Informationen suchen muss und es nicht vor dem SRF Meteo eine Aufklärungssendung gibt, 5 Minuten am Tag, das versteh ich nicht und das macht mir Sorgen. Dann mache ich mir die Mühe, als Finanzblogger Informationen zugänglich zu machen, aber weil mich nicht jeder kennt, kommen die Infos ja auch nicht überall an.

Und holt nicht immer nur die 55-Jährigen an die Informationsanlässe, auch ein 30-Jähriger will wissen, was passiert, wenn er morgen den Löffel abgibt – ob seine Frau und sein Kind dann im Haus bleiben können. Diese Leute werden bewusst vernachlässigt, weil man kein Geld mit ihnen verdienen kann. Und das regt mich auf.

Persönlich betrifft es mich auch, weil meine Eltern vor der Pensionierung stehen. Da verschwindet die Coolness als Finanzberater und die eigenen Emotionen kommen dazu, wenn du die eigenen Eltern beraten sollst. Einerseits denke ich, dass sie sich besser von einem Kollegen beraten lassen sollten. Aber der kennt dann meine Eltern nicht so gut und weiss nicht, wie sie ticken. Da braucht es nicht nur meine Expertise als Finanzplaner, sondern auch als Sohn. Aber sie sind auch ein Beispiel für zu wenig finanzielle Bildung. Wir müssen die Leute besser ausbilden – auch übers Radio oder TV. Von 60-Jährigen können wir auch nicht erwarten, dass sie sich im Internet informieren. Da weiss man auch nie, ob das stimmt, was man findet. Und das Schweizer Fernsehen hat doch einen Bildungsauftrag. Ich habe mich damit abgefunden mit der Situation, dass ich für mich selbst vorsorgen muss. Aber viele Leute in meinem Alter sind noch Jahre davon entfernt von dem Gedanken. Bei einer Vorsorgeanalyse blende ich immer die AHV aus. Ich mache immer eine Rechnung mit und ohne AHV – egal wie alt der Kunde ist. In der Hoffnung, dass meine Kunden, die meist so um die 55 sind, auch mal mit ihren Kindern darüber sprechen. Was mich persönlich beschäftigt, ist die Frage, ob wir die Schweiz noch vor der Altersarmut retten können. Wir brauchen neue Lösungen.

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Lösungsansätze/Visionen?

Meine Idee wäre, dass jeder, der in der Schweiz ein Kind will, für dieses 7500.- Franken in einen Aktienfond einzahlt. Der Schweizer Staat zahlt auch 7500.- Franken ein in den Fond. Dann haben wir 15‘000.- Franken zur Verfügung. Rechnen wir mit einer konservativen Rendite von 7% über den gesamten Anlagehorizont, das ist absolut realistisch. Dann bekomme ich bei der Pensionierung mit 65 Jahren 1.2 Mio. ausbezahlt. Rechnen wir mal mit einer Lebenserwartung von 86 Jahren, dann muss das Geld 21 Jahre reichen. Dann stehen uns 58‘000.- Franken zur Verfügung statt die 28‘440.- aus der AHV. Auch bei einer Lebenserwartung von 100 Jahren sind wir immer noch deutlich höher als die aktuelle AHV-Maximalrente. Ausserdem muss man ja nicht alles Geld aufs Mal beziehen, sondern kann z.B. die Hälfte noch weiter angelegt lassen. Das funktioniert auch, wenn alle das machen. Wenn wir alle plötzlich anfangen zu investieren, kurbeln wir die Wirtschaft an. Firmen haben wieder Geld zur Verfügung und können Leute anstellen. Ich höre schon alle motzen, dass man 7500.- Franken zur Verfügung haben sollte für die Altersvorsorge seines Kindes, aber das ist ein anderes Thema. Der Staat müsste dann auch nicht mehr die AHV retten. Irgendwann ist das nicht mehr bezahlbar. Ich wäre dafür, dass wir die bereits einbezahlten AHV-Beiträge zurückzahlen und die Leute aufklären, damit sie ihr Geld selbst anlegen können. Das müsste in der Schule anfangen. Was machen wir mit den Rentnern? Das weiss ich nicht, aber es kann nicht sein, dass die Jungen immer für die Alten bezahlen, wenn sie genau wissen, wie werden nichts mehr bekommen. Auch wenn ich meine Grossmutter liebe, lohnt sich der Deal nicht.

Die PKs befreien wir von den Negativzinsen, zwingen sie die Renditeliegenschaften zu verkaufen, damit die Preise herunterkommen und wir uns wieder ein Eigenheim leisten können. Wir erhöhen die Sparbeiträge, dann wird das Geld nicht für Dümmeres ausgegeben. PKs müssten flexibler sein können in den Anlagen. Wir müssten mehr Eigenverantwortung für Mittelschicht und Kleinverdiener einbauen. 1e-Pläne gibt es nur für Grossverdiener – denen ist es egal, was mit dem BVG-Guthaben passiert, die schauen schon selbst, dass sie genug Geld haben. Aber mit 60k-Einkommen hast du diese Möglichkeit nicht. Bei 40 Jahren Anlagehorizont pro Destinatär sollte es doch möglich sein, den Aktienanteil auszubauen. Man könnte zum Beispiel Vorsorgepläne nicht für Firmen sondern für die verschiedenen Altersstufen schreiben. Man muss ja auch nicht alles Geld mit 65 beziehen, sondern kann den Grossteil des Kapitals angelegt lassen. Das machen die meisten sowieso, die ihr Kapital beziehen. Es ist ja ein soziales Vorsorgesystem, da macht es auch keinen Sinn, einen einzelnen anzuschauen.

Das Transkript wurde mir von der VITA zur Verfügung gestellt. Die Tonaufnahme wäre aber ein guter Podcast. Wenn du diese hören willst, schreib mir ein Mail, dann schicke ich sie dir.

Basis für eine Diskussion zwischen Eltern und Kindern

Ich wünsche mir, dass du diesen Beitrag als Basis für eine Diskussion mit deinen Eltern oder Kindern nutzt, um über Geld und Finanzen zu sprechen. In diesem Rahmen können auch weitere Themen wie Erbschaft, Schenkung, Haus Übergabe usw. einmal angesprochen werden.

Es ist meine Überzeugung, dass so viele Angelegenheiten besser geregelt werden und der offene Austausch unseren finanziellen Horizont erweitert.

Bis bald,

-FinanzFabio

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