Neben dem Eigenkapital ist die Tragbarkeit die grösste Hürde, wenn du ein Eigenheim kaufen willst.
Das Wichtigste in Kürze
- Die Bank rechnet mit 5% Zinsen.
- Die 2. Hypothek muss innerhalb von 15 Jahren zurückbezahlt werden.
- Für Nebenkosten und Unterhalt wird zusätzlich mit 1% des Kaufpreises gerechnet.
Letzte Woche habe ich darüber geschrieben, wieviel Geld du als Eigenkapital brauchst und wo du eventuell heute schon dieses Geld hast. Du weisst jetzt, was unter 10% hartem Eigenkapital verstanden wird und woher du es bekommst. Heute erkläre ich dir die Tragbarkeit. So einfach wie nur möglich, versprochen.
Tragbarkeit gemäss FINMA
Auch bei der Tragbarkeit hat die eidgenössische Finanzmarktaufsicht (FINMA) konkrete Vorstellungen.
Dein Einkommen sollte mindestens dreimal höher sein als deine Schuldenbelastung. Gerne erkläre ich es dir am Beispiel von letzter Woche.
Du möchtest ein Haus für CHF 750'000 kaufen und kannst 20% anzahlen. Für die restlichen 80%, brauchst du jetzt also eine Hypothek. Voraussetzung dafür, dass du sie bekommst: ein gesundes Verhältnis zwischen deinem Einkommen und deinen Schulden.
Übrigens, wenn das mit dem Eigenkapital schneller gehen soll: auf dem Sparkonto ist dein Geld arbeitslos. Schick es zum arbeiten. Mein Geld ist bei der Swissquote und rackert sich Tag für Tag den Arsch ab.
Die erste und zweite Hypothek
Eigentlich ist sie alter Tabak, die Unterscheidung zwischen erster und zweiter Hypothek. Wurde früher sehr oft gemacht, deswegen redet man immer noch oft davon. Um dir zu erklären, wie die Tragbarkeit funktioniert, kann ich das System aber gut gebrauchen.
Die FINMA wünscht sich nämlich, dass die Hypothek innert 15 Jahren auf 66% amortisiert wird. Sprich, wenn du heute eine Summe von CHF 600'000 (80%) aufnimmst, solltest du bis 2035 14% amortisiert haben.
Wieso ist das wichtig? Wenn du CHF 105'000 in 15 Jahren abbezahlen musst, sind das doch schon CHF 7'500 im Jahr. Und diese werden bereits in die Tragbarkeitsrechnung mit einbezogen. Diese CHF 105'000 (14% vom Kaufpreis) wären übrigens die sogenannte zweite Hypothek.
Ein Grund, warum du heute keine erste und zweite Hypothek mehr willst, sind die verschiedenen Abläufe. Dein Banker nennt es «Risikodiversifikation», weil du nie weisst, was die Zinsen bei Ablauf machen. Ich nenne es «ewige Kundenbindung», da du mit verschiedenen Abläufen nicht mehr von der Bank weg kommst.
Die verflixten 5%
Aus heutiger Sicht völlig unverständlich, aber vor nicht allzu Langem noch Realität: Um das Jahr 1990 waren Hypothekarzinsen von über 7% gang und gäbe. Meine Eltern mussten damals soviel bezahlen. Keine Ahnung wie sie das geschafft haben. Das muss man auch erstmal bezahlen können. Nicht wenige verloren damals ihr Eigenheim, weil sie die Zinslast schlicht erdrückte.
Heute liegen die Zinsen für eine Festhypothek von 10 Jahren unter 1%. Die FINMA will aber sicherstellen, dass Eigenheimbesitzer die Schuldzinsen auch bezahlen können, wenn die Zinsen schnell massiv ansteigen. Deswegen verwenden sie für die Tragbarkeit nicht die aktuellen Zinssätze, sondern rechnen mit 5%. Aus heutiger Sicht ist es aber sehr unwahrscheinlich, dass die Zinsen so schnell so hoch ansteigen.
Genau diese 5% lassen für viele den Traum vom Eigenheim platzen. Bei einer Hypothek von CHF 600'000 wären es schon CHF 30'000 im Jahr. Damit aber nicht genug. Da das Verhältnis zwischen Einkommen und Schuldenbelastung drei zu eins sein soll, wird das ganze noch mit drei multipliziert.
Unterhalts- und Nebenkosten – noch einmal 1%
Die Berechnung der FINMA geht noch weiter. Wer ein Eigenheim besitzt, sollte dieses auch unterhalten können. Hier wird mit 1% des Kaufpreises, nicht nur der Hypothek, gerechnet, was in unserem Fall weitere CHF 7'500 sind. Du siehst, es kommt so einiges zusammen.
Die Tragbarkeitsrechnung in unserem Beispiel
Wie du siehst, müsste man bei diesem Beispiel CHF 135'000 verdienen. Klar hat nicht jeder so ein Einkommen. Muss man auch gar nicht haben. Die Bank berücksichtigt auch den Lohn deiner besseren Hälfte, wenn ihr das Haus zusammen kauft.
Theorie und Praxis
Die Tragbarkeitsrechnung und ihre Formel ist schliesslich aber auch nur Theorie. In der Praxis habe ich einige Ausnahmen gesehen, die von dieser Norm abweichen und zum erfolgreichem Abschluss einer Hypothek führten. Zum Beispiel wenn der Lohn nicht ganz so hoch war wie gewünscht. Hier hilft es, Hypotheken und Finanzinstitute zu vergleichen.
Zu zweit ist diese Hürde der Tragbarkeit wesentlich kleiner und absolut finanzierbar. Auch die Beschaffung des Eigenkapitals, welche ich letzte Woche erklärte, ist so einfacher.
Bis bald,
FinanzFabio
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575 Kommentare
Kommentare sind geschlossen.
Gute Beitragsreihe! Die meisten anderen Finanzblogger konzentrieren sich meist aufs Investieren, und da ist dann auch mal irgendwann alles gesagt (kauf global diversifizierte, billige ETFs bei einem günstigen Broker und warte 30 Jahre).
Hier lernt man viel über Schweiz-spezifische finanzielle Eigenheiten, was einem unter Umständen noch viel weiter bringt, als die letzten 0.05% der TER eines ETFs zu drücken.
Eine Möglichkeit, die Tragbarkeit zu erreichen ist, mehr Eigenkapital mitzubringen. Das hilft auf zwei Arten:
1) Die Zinslast ist geringer, d.h. man kann das ganze mit einem kleineren Lohn finanzieren
2) Die zweite Hypothek ist kleiner (oder gar nicht mehr nötig), d.h. man muss nichts amortisieren
Danke für die Blumen, Reto 😀 Bin auch der Meinung, mein Finanzblog geht weiter und tiefer als die anderen der Schweiz :p Aber ich als Finanzplaner bin ich auch täglich mit verschiedenen Themen konfrontiert.
Bis bald,
FinanzFabio
Hoi Fabio, vielen Dank für den Beitrag. Ich komme noch nicht ganz raus mit den Zahlen (14% und 105k im Text, 15% und 112.5k in der Tabelle). Dazu noch eine andere Frage: Wenn man „nur“ 7500 pro Jahr amortisiert, dann hat man ja niemals in seiner Lebenszeit das ganze Objekt amortisiert, oder verstehe ich das falsch? Beste Grüsse, Tommy
Hoi Fabio
Vielen Dank für den gewohnt lesenswerten Artikel. Ich habe vorhin auch jenen über das Eigenkapital gelesen, der mit diesem hier zur Tragbarkeit eng verbandelt ist.
Zu deiner gestellten Frage: Ich finde die Aufteilung des Themas sinnvoll. So konntest du beim Eigenkapital auch schön auf die unschöne Anekdote mit der Finanzkrise von vor 13, 14 Jahren eingehen. Diese Verbindung hätte wohl weniger gut gepasst, wenn es auch noch um die Tragbarkeit gegangen wäre.
Insofern: Aufteilung von grösseren Themen und dann eine Art Artikelreihe dazu gefällt zumindest mir.
Freundliche Grüsse,
David
P. S. Herzliche Gratulation zum Elternsein! 🙂
Hallo David
Danke für dein Feedback und deine herzliche Gratulation 🙂
Bis bald,
FinanzFabio