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Lehre-FinanzFabio

Was Schüler bei der Lehre beach­ten sollten

"Und wenn ziehsch du vo dihai us?"

"Ich wörd wörkli gern aber ich chas mer nöd leiste."

"Hä? Wieso nöd? Du schaffsch ja au."

"Ja aber ich verdien netto nödmal 4 tusig Stutz!"

Für mich eine unvorstellbare Situation. Und es geht mir nicht darum, wieviel ich heute verdiene. Hier geht es mir nur um eine Sache, ich habe nie so wenig verdient.

Vor der Lehre ist nach der Lehre

Vor der Lehre ist nach der Lehre

Als Kind haben wir unsere Traumberufe. Meiner war zuerst Zauberer. Ich war völlig fasziniert von David Cooperfield und seinen Shows. Meine Mutter hat mich zu meinem zehnten Geburtstag sogar an eine Liveshow im Hallenstadion Zürich eingeladen. Eine unvergessliche Nacht. Andere wollen Prinzessinnen werden, Arzt oder Feuerwehrmann. Aber irgendwie gehen diese Traumberufe dann irgendwann vergessen.

Photo by Jon Tyson on Unsplash
Photo by Jon Tyson on Unsplash

Wir kommen in die Schule, in die Pubertät und mit 13 sollen wir uns mit der Berufswahl befassen. Zum Glück ist es heute nicht mehr so, dass wir für immer als das arbeiten müssen, was wir mal gelernt haben.

Was bei der Berufswahl vergessen geht

Man solle eine Berufslehre wählen, die einem Spass macht und man seine Stärken ausleben kann, so der Rat vieler Lehrer. Soweit so gut. Grundsätzlich auch richtig. Aber wie immer, versagt die Schule uns hier etwas wichtiges mit auf den Weg zu geben. Finanzielle Bildung.

Lohn nach der Lehre

Das Problem ist, dass die Kinder keine Ahnung haben, was man nach der Lehre in diesem gewähltem Beruf verdient. Woher auch? Und selbst wenn sie es wüssten in Zahlen, sie haben keine Ahnung was das bedeutet. Wenn du einem Kind sagst, dass es nach der Lehre CHF 4'000 verdient, dann freut es sich, weil es noch nie CHF 4'000 in der Hand hatte, noch nie mit CHF 4'000 Miete, Krankenkasse, Essen, Auto, Kleider, Ferien und Ausgang, was auch immer für Kosten, bezahlen musste. Ohne finanzielle Bildung und einen realistischen Bezug zu Geld, kann ein Teenie doch nicht einschätzen, wie viel Geld es zum leben braucht und ob der auserwählte Lehrberuf dies auch finanzieren kann.

Natürlich können wir Weiterbildungen machen, etwas neues studieren oder einen komplett anderen Beruf erlernen. Trotzdem - müssen wir mehr Umwege in Kauf nehmen als nötig? Ich finde nicht.

Arbeitszeiten

Ein weiterer Punkt, auf den man bei der Berufswahl zu wenig hingewiesen wird, ist die Arbeitszeit. Mir geht es hier nicht darum, ob du später 40 oder 42.5 Stunden die Woche arbeiten musst. Mir geht es um Öffnungszeiten und ob du am Weekend arbeiten musst oder nicht.

Wenn ich ein Lehrstellentraining halte und ich die jungen Lehrstellensuchenden frage, ob es ihnen nichts ausmacht am Samstag zu arbeiten, höre ich oft ein gequältes nein als Antwort. Sobald ich meine Frage umformuliere, höre ich ein klares ja.

"Stell dir vor deine Freunde möchten Freitagabends mit dir in den Ausgang. Du kannst aber nicht weil du am Samstag arbeiten musst. Ist das ok für dich?"

Verlängerte Wochenende, vier Tage verreisen über Ostern - kannst du alles knicken.

Zurück zur Berufswahl

Meine Mutter sagte mir, es sei ihr egal, was ich lerne, hauptsache ich mache die Lehre auch fertig. Mein Vater machte mir schnell klar, dass ich zwei linke Hände habe und mich lieber um eine kaufmännische Lehre, damaos nannten wir es noch KV, kümmern sollte.

Mein Grossvater hatte hier aber weitaus bessere Argumente. Ich erinnere mich noch heute sehr genau an den Moment, habe es bildlich vor den Augen, wie er zu mir kam und sagte:

"Fabio, wenn du später arbeiten gehst, denke daran, auf der Bank, bei den Versicherungen und in der Immobilienbranche kannst du am meisten Geld verdienen. Such dir eine Lehrstelle in diese Bereich."

Für mich war mein Grossvater immer der reichste Mann der Welt. Ich gebe zu, so naiv wie ich war, dachte ich immer alle alten Menschen seien reich und die jüngeren wie meine Eltern seien arm. Das lag wohl mehrheitlich daran, dass mir meine Grosseltern immer alles kauften was ich wollte und meine Grossmutter oft mit mir zu Mc Donalds ging. Warum ich das als ein Zeichen des Wohlstands deutete kann ich mir heute auch nicht mehr erklären. Trotzdem, seine Worte blieben mir im Gedächnis, bis heute.

Geld ist nicht alles aber

Nun einen Beruf nur des Geldes wegen ausführen ist sicher nicht der richtige Ansatz. Das will ich hier auf keinen Fall sagen. Aber wieso sollte man einen Beruf lernen, in dem man finanziell automatisch festsitzt?

Ein Beispiel: wenn du dich für eine Coiffeur Lehre entscheidest, sieht dein Lohn so aus in den nächsten paar Jahren.

Basislöhne ab 1.3.2018 (per 1.3.2018 allgemeinverbindlich erklärt)

MitarbeitendenkategorieBerufsjahrPensumBasislohnJahreslohn
Gelernte Arbeitnehmende (Art. 39.1)1. (Reduktion gem. Art. 40.3 möglich)100%CHF 3'800.--CHF 45'600.--
2. (Reduktion gem. Art. 40.3 möglich)100%CHF 3'800.--CHF 45'600.--
3.100%CHF 3'850.--CHF 46'200.--
4.100%CHF 3'925.--CHF 47'100.--
5.100%CHF 4'000.--CHF 48'000.--

Hier zum GAV

Gut was heisst in den nächsten paar Jahren? Die Tabelle endet nach fünf Jahren, ohne Hinweis, dass es besser wird.

In vielen anderen Berufen hast du nach fünf Jahren Berufserfahrung schon eine ordentliche Lohnerhöhung gekriegt.

Mir geht es nicht darum, einzelne Berufe schlecht zu machen. Überhaupt nicht. Ich möchte lediglich auf ein paar Punkte hinweisen, die ich als wichtig empfinde und ich weiss, dass man mit 13 Jahren noch nicht soweit über den Tellerrand schauen kann. Somit ist es die Aufgabe der Eltern, Lehrern, Gotten und Göttis und allen Erwachsenen die einen Bezug zu einem Kind haben, es auch auf solche Punkte aufmerksam zu machen.

Sprich mit deinen Kindern über deinen Job und Geld

Das Tabuthema Geld schadet unseren Kindern. Ich empfehle dir als Mutter oder Familienvater am Tisch mit deinem Partner oder Partnerin offen über Geld zu reden. Redet über den Wochenendeinkauf, was wollt ihr Einkaufen, wie hoch ist euer Budget für den Einkauf, wieviel habt ihr die Woche davor bezahlt und spricht darüber, ob dies nun günstig oder teuer war, ob ihr viel oder wenig bezahlt habt. Wenn du deinem Kind ein Nintendo DS Spiel kauft für CHF 62, erklär ihm wieviele Stunden du dafür gearbeitet hast. Zeige ihm auch was du anderes damit kaufen könntest, wieviel Essen man für CHF 62 kriegt oder dass du damit das Internet zu Hause bezahlen könntest.

Was hast du gelernt? Hättest du rückblickend lieber eine andere Berufslehre gemacht? Schreib mir einen Kommentar.

Bis bald,

FinanzFabio

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