"Wie ich muss eusi Chinder uszahle?"
"Ja du hesch kein Ehe- und Erbvertrag."
"Wievel bechumi de?"
Dieses Gespräch hätte ich diese Woche auch mit einer sehr schillernden Persönlichkeit der Schweizer High Society führen können. Zum Glück war es aber nicht Irina Beller. Aber auch sie hat gemäss den Medien keinen Ehevertrag. Geht ja auch nur um 50 Milliönchen.
Ein Todesfall in der Familie ist immer ein schwerer Schlag für alle Beteiligten. Wenn zusätzlich zu diesem Verlust noch ungeregelte Erbfragen auftauchen, kann die traurige Angelegenheit zu grossen finanziellen Problemen führen. Dabei bräuchte es wirklich nur sehr wenig, um sein Erbe zu regeln.
Wenn du jetzt denkst, du bist nicht verheiratet, dass ganze geht dich nichts an - falsch. Auch du hast Eltern und kannst davon betroffen sein. Haben sie sich noch nicht darum gekümmert, braucht es vielleicht einen Input deinerseits, dass sie sich der Sache annehmen.
Ehe- und Erbvertrag
In der Schweiz kennen wir drei Güterstände. Kompliment an den Erfinder dieses Wortes. Wenn du es nicht nachschlägst hat man keine Ahnung was das heissen soll. Geht ja immer nur um ein kleines Vermögen, warum also nicht ein einfacheres Wort dafür wählen. Wie dem auch sei, Güterstand heisst quasi, wie deine Finanzen und die deiner PartnerIn von vor der Ehe, also bevor du geheiratet hast, und während der Ehe geregelt sind.
Da die wenigsten Menschen einen Ehevertrag haben, warum auch immer, unterstehen die meisten Eheleute der Errungenschaftsbeteiligung. Diese wollen wir uns heute genauer anschauen.
Errungenschaftsbeteiligung
Das Konzept ist sehr einfach. Alles was dir vor der Heirat gehört hat, soll auch weiterhin einfach nur dir gehören. Das nennt man Eigengut (=vor der Ehe schon gehabt). Alles was du aber während der Ehe verdienst, gehört zur Hälfte dir und zur Hälfte deiner Frau/Mann (=Errungenschaft). Ausnahme bildet hier das Erbe. Wenn du während der Ehe etwas erbst, sei es von deinen Eltern oder sonst jemanden, gehört es dir alleine, also ist das auch Eigengut.
Warum ist das wichtig? Abgerechnet wird in zwei Fällen. Scheidung und im Todesfall eines Ehepartners.
Die Scheidung lassen wir heute einmal beiseite und kümmern uns nur um den Todesfall.
Gehen wir davon aus, du bist verheiratet und hast zusammen mit deiner Frau/Mann vor 30 Jahren ein Haus gekauft. Kostenpunkt CHF 500'000. Eure beiden Kinder sind dort aufgewachsen, ihr versteht euch super mit den Nachbaren und erst letztes Jahr hab ihr die Küche erneuert und die Fassade neu gestrichen. Auf eurem gemeinsamen Konto habt ihr CHF 100'000 angespart, ihr fühlt euch finanziell sicher. Piccobellomärchenvorstellung.
Jetzt holt der Sensenmann einen von euch beiden. Tag der Abrechnung.
Nach 30 Jahren und der Renovationen hat euer Haus jetzt einen Wert von einer Million. Die CHF 100'000 habt ihr gemeinsam angespart, da ihr beide nichts in die Ehe eingebracht habt. Erben gibt es ausser dir und den beiden Kindern niemanden. Eine Testament oder Erbvertrag ist nicht vorhanden.
Soweit so gut. Prüfen wir die Zahlen aber etwas genauer, stellen wir ein Problem fest: Die Kinder erhalten zusammen CHF 275'000. Liquide Mittel sind aber nur CHF 100'000 vorhanden. Was tun?
Nun die einfachste Lösung ist natürlich, wenn die Kinder auf ihr Erbe verzichten. Das passiert im echten Leben auch, aber nicht immer.
Verzichten die Kinder nicht auf ihr Erbe, bleibt dem überlebenden Ehegatten nur eine Wahl: Verkauf des Hauses.
Das, mein Freund, ist der Grund warum du unbedingt ein Erbvertrag abschliessen solltest. Damit du dich und deine Frau/Mann davor schützen kannst, euer Haus zu verlieren. Oder noch schlimmer, stell dir vor, du hättest ein Aktienportfolio und müsstest es an Kinder aufteilen, die in der Schule keine finanzielle Bildung genossen
Besserstellung durch Ehe- und Erbvertrag
Natürlich kann man die Situation von Grund auf optimieren. Dazu brauchst du wirklich auch keinen Hochschulabschluss, du musst lediglich deinen inneren Schweinehund überwinden und dich darum kümmern. Kurz, übernimm Verantwortung für dein Geld. Ruf deinen Notar aus deinem persönlichen Finanzteam an und wenn du noch keinen hast, frag in deinem Bekanntenkreis, ob dir jemand einen empfehlen kann. Und sonst kenne ich da auch noch jemanden.
Was aber optimiert jetzt dieser Vertrag genau. Hier die gleiche Situation, aber mit Ehe- und Erbvertrag:
Du siehst, alles bleibt beim überlebenden Ehegatten. Dieser kann natürlich immer noch freiwillig Gelder an die Kinder weitergeben, doch er ist nicht dazu gezwungen, sein Haus zu verkaufen.
Beim erben reden sie plötzlich alle mit
Zusätzlich möchte ich dich noch auf einen weiteren Punkt aufmerksam machen. Auch wenn du denkst mit deinen Kindern/Eltern und Geschwistern wirst du keine Probleme haben, da gibt es noch andere Menschen, die du nicht vergessen darfst. Diese haben ganz schnell einen erheblichen Einfluss und ganz eigene Meinungen, wenn es ums Erben geht. Die "besseren" Hälften der Erben.
So manche Familien haben sich beim Erben schon verkracht. Meist waren es die angeheirateten, die den Hals nicht voll genug kriegen. Daher noch einmal: kümmere dich um einen Ehe- und Erbvertrag. Kümmere dich darum, dass Mama und Papa einen abschliessen und informiere deine Geschwister, warum sie das besser heute als morgen in Angriff nehmen sollten.
Wenn wir schon beim Thema sind, um was du dich alles kümmern solltest, erinnerst du dich noch an den Vorsorgeauftrag und die Patientenverfügung? Do it!
Bis bald und sorry für den Arschtritt, aber den braucht jeder mal.
-FinanzFabio
Ps: lass mir doch ein Herzchen hier. Grazie.
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518 Kommentare
Kommentare sind geschlossen.
super lieber Finanzfabio, sehr gut geschildert. Ich kenne die Situation und meine Familie ist haarscharf an einem solchen Disaster vorbeigeschlittert. Meine Eltern besitzen ein Haus, aber kein Vermögen. Mein Bruder war mit einer egomanen Frau verheiratet. Mein Vater verstarb, die Scheidung meines Bruders war da nur wenige Tage rechtskräftig. Wenn die Ex-Frau noch da gewesen wäre: sie hätte meinen Bruder gezwungen, den Geldanteil einzufordern und meine Mutter hätte das Haus verkaufen müssen.
Guten Morgen
Danke für deinen Kommentar. Es war für mich schwierig, die Partner der eigenen Kinder oder Geschwister anzusprechen, da ich nicht verallgemeinern möchte. Es ist aber eine Erfahrung, die ich immer wieder in Beratungen mache. Daher bin ich froh, wenn meine Leser dies auch bestätigen.
Einen super Start in die Woche wünsche ich dir und bis bald,
FinanzFabio
Super Beitrag Fabio!
Ein wichtiges Thema welche gerne einen Pendenten Platz auf der To-Do Liste einnimmt.
Danke,
Stefan
PS: Schön zu sehen, dass auch andere gerne mit Excel „visualisieren“ 🙂
Danke für dad Lob. Am besten nicht nur auf die Liste schreiben sondern aktiv umsetzen 🙂
Bis bald,
FinanzFabio
Hoi Fabio,
Ich habe eine Frage bezüglich Erben/Verkaufen von Immobilien.
Ausgangslage: Ferienwohnung, mit Restschuld (noch nicht abbezahlt) bei Bank (ca. 50% der damaligen Kaufpreises).
Was macht mehr Sinn (für Elternseite/Geschwister Seite)
– Die Eltern vererben/überschreiben die Ferienwohnung zu Lebzeiten an den Sohn (Geschwister sind ok, Anrechnung Vorerbe) – Übernahme der Restschuld und alle dazugehörigen zukünftigen Nebenkosten.
– Die Eltern verkaufen die Ferienwohnung zu Lebzeiten an den Sohn (kein externes Verkaufen) – ich würde in diesem Falle die Anzahlung von 30% des heutigen Wertes der Wohnung machen und eine neue Hypothek bei der Bank aufnehmen.
Was macht mehr Sinn (auf beiden Seiten)?
Vielleicht wäre das ein gutes Follow-Up Thema/Teil 2 Erben.
Danke dir!
Grüsse
Hallo 🙂
Spannende Frage. Hier bräuchte ich aber noch sehr viel Hintergrundinformationen (deine finazielle Situation sonst und die deiner Eltern, evtl. auch die deine Geschwister), um dir eine abschliessende Antwort geben zu können.
Ein paar Fragen möchte ich dir aber noch auf den Weg geben:
Zu welchen Preis kaufst du die Liegenschaft? Zum Preis der deine Eltern damals bezahlten oder zum heutigen Verkehrswert?
Was passiert wenn du die Liegenschaft irgendwann verkaufst und damit Gewinn machst? Wollen die Geschwister etwas vom Gewinn? Was ist wenn du Verlust machst? Beteiligen sich die Geschwister am Verlust?
Die Fragen stelle ich, weil ich gerade eine Finanzplanung erarbeite für einen Kunden, der jetzt nach Jahren einen Streit mit seinen Geschwister hat, genau wegen diesem Thema.
Schreib mir eine Mail, wenn du hier eine konkrete Beratung wünscht.
Bis bald,
FinanzFabio
Hallo Fabio
Habe dich zwar erst gerade entdeckt und gehe jetzt Beitrag für Beitrag durch.
Dieses Thema haben wir mit unseren Eltern auch. Der Ehe- und Erbvertrag ist in Bearbeitung beim Notar. Da mein Vater leider überhaupt keine Ahnung von Vorsorge (Säule 3a, Zitat – „Es ist ja total schade ums Geld so viel da einzuzahlen, das bringt dir doch gar nichts.“ ), Finanzen und alles andere hat, war es ein ganzes Stück Arbeit ihm zu erklären, umzustimmen und zu überreden, einem Ehe- / Erbrechtvertrag zuzustimmen. Auch die Thematik mit dem Vorsorgeauftrag, damit werde ich diese Woche gleich bei meinen Eltern antanzen. Die werden sich freuen 😀
Vielen lieben Dank für die Möglichkeit, auf deiner Webseite so viel Wichtiges zu lernen, die einem ja sonst niemand erklärt wenn man sich nicht aktiv informiert!
Liebe Grüsse
Nadia
Hallo Nadia
Schön hast du mich gefunden. Noch schöner, dass dir mein Blog gefällt. Darf ich fragen, wie du mich gefunden hast?
Ja die finanzielle Bildung unserer Eltern dünkt mich noch schlimmer, als die von meiner Generation. Überreden nützt da leider nicht viel. Nur eine saubere Aufklärung. Vielleicht könnte ich euch da in einem 1:1 Gespräch helfen.
Nach wie vor kann ich die Vobox, wenn es ums Thema Vorsorgeauftrag geht, sehr empfehlen.
Bis bald,
FinanzFabio