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AHV-21-Reform-FinanzFabio

Wie die AHV 21 die Früh­pen­sio­nie­rung fördert

"Sölli mi früehpensioniere lah?"

"I wör na biz warte."

"Wieso?"

"Wel die neu AHV 21 Reform begünstigt Lüüt, wo id Früehpensionierig wänd."

Kein Witz. Schon lange vertrete ich öffentlich die Meinung, dass meine Generation (ich bin 32) keine AHV mehr erhalten wird. Zum Glück können wir in der Schweiz mit Reformen unsere Vorsorge verbessern. Blöd nur, wenn die Politiker keine Ahnung haben, wie man Renten berechnet.

Die neue AHV-Frühpensionierung

Wichtig gleich zu Beginn, ich schreibe hier nur von der AHV 21 Reform, nicht von der BVG Reform. Wieder ein kleiner Seitenhieb an die Politik: Sie verschlafen es, die beiden Renten zusammen zu reformieren und sie miteinander zu koordinieren. Dabei hätten sie jetzt diese riesen Chance gehabt. High five nach Bern. Mit einem Stuhl. Ins Gesicht.

Ein Blick auf die Zahlen

Glaubst du mir, wenn ich dir sage, dass es sich für dich lohnt, mit der aktuellen Reform, früher in Rente zu gehen? Wie kann das sein?

Nun bei admin.ch kannst du ja bekanntlich sehr spannende, leicht zu verstehende Dokumente anschauen. Interessant, was da so steht.

Die AHV 21 fördert die Frühpensionierung

Vorbezugsdauer1 Jahr2 Jahre3 Jahre
Kürzungssätze heute6.8%13.6%-
Kürzungssätze AHV 214.0%7.7%11.1%
Was kostet der Spass?

Drei Jahre früher in die Rente zu gehen, war bis anhin, rein aus Sicht der AHV, nicht möglich. Das hättest du aus deinem eigenem Sack bezahlen müssen. Neu wird diese Möglichkeit geschaffen. Kostet auch nur schlappe 200 Millionen im Jahr. Damit nicht genug. Wer ein Jahr früher nicht mehr arbeiten geht, bezahlt ja auch weniger in die AHV. Kostenpunkt: 70 Millionen.

Und die Kürzungen um ein oder zwei Jahre? Noch einmal 80 Millionen im Jahr.

Zur Erinnerung, wir sollten eigentlich sparen in der AHV.

Also ich weiss nicht wie du das siehst, aber hier wird klar eine Frühpensionierung gefördert.

FinanzFabio-Blogfoto

Die Begründung ist übrigens, dass wir heute länger leben und somit auch länger mit der Kürzung leben müssen. Klingt logisch. Wäre da nicht ein klitzekleines Problem: Wir haben zu wenig Geld in der AHV.

Wenn die Anzahl Fische im Meer nicht mehr reichen, um alle Köpfe zu ernähren, musst du die Anzahl Köpfe reduzieren. Um es auf die AHV zu beziehen: Wenn es nicht mehr genug Geld hat für die Rentenbezieher, musst du die Anzahl Rentner reduzieren - und nicht erhöhen. Jeder der bis 65 oder länger arbeitet, ist kein Rentner zu diesem Zeitpunkt und braucht weniger lang eine Rente.

und bestraft die länger arbeitenden

Aber es wird noch besser. In meiner Logik, sollte wir heute, wenn wir schon länger leben, Anreize erschaffen, damit die Menschen länger arbeiten. Die AHV 21 sieht das aber anders.

Aufschubdauer1 Jahr2 Jahre3 Jahre4 Jahre5 Jahre
Erhöhungssätze heute5.2%10.8%17.1%24%31.5%
Erhöhungssätze AHV 214.3%9.0%14.1%19.6%25.7%

Wenn ich früher also einen Anreiz hatte, fünf Jahre länger zu arbeiten um eine höhere Rente von sage und schreibe 31.5% zu erhalten, dann schaue ich mit der AHV 21 voll in die Röhre.

Die Begründung wieder die selbe. Wir leben länger, somit profitierst du länger von der Erhöhung der AHV 21.

Was ist das für eine Logik? Die Zahlen belegen, dass du besser fährst, wenn du früher in die Rente gehst, als wenn du länger arbeitest. Das kann doch wohl nicht wahr sein.

Die Berechnung stützt sich übrigens darauf, dass du mit 88 Jahren Geld verlierst, wenn du früher in die Rente gehst oder Gewinn machst, wenn du älter wirst. Mit 88 Jahren wäre also bei der AHV 21 der Breakevenpoint erreicht. Liebe Politiker, dass meine Eltern hoffentlich knapp 88 werden, glaube ich sofort. Ich werde aber 100 Jahre alt. Ich hätte gerne heute eine Lösung für das Problem meiner Generation, nicht für euer Altersheim in Bern. Woher mein Egoismus? Meine Generation bezahlt die Zeche für euch - wir gehen aber leer aus.

Meine Wunschreform

Was ich mir hier wünsche, wäre das alle einmal aufwachen und akzeptieren, dass die AHV ein riesen Problem hat. Ein Problem, dass wir nicht mehr lösen können, indem wir ein paar Prozente hin und her schieben.

Wir müssen einsehen, dass die Renten in der AHV zu hoch sind, wir zu wenig in die AHV einbezahlen und wir nicht mehr lange genug arbeiten, um unser immer länger werdendes Leben zu finanzieren. Und ach ja, da war noch was: zu wenig Junge, die die Alten finanzieren. Was auch nur ein weiterer Aufschub des Problems wäre.

Keine Frühpension

Sorry Mama und Papa, Frühpensionierung ist nicht. Sorry Nachbar und nette SBB-Kontrolleurin. Sorry mein lieber Bankberater und liebe Postangestellte. Tut mir leid, Tante-Emma-Laden Verkäuferin. Und sorry lieber Barkeeper - es braucht euch alle noch ein paar Jahre mehr. Früher als 65 geht nicht. Auch für die Damen. Und ja ich weiss, ihr werdet schon euer ganzes Berufsleben mit weniger Lohn bestraft, ihr hättet es wirklich verdient! Aber, es geht hier nicht darum, dass du ein Jahr länger arbeiten musst - es geht darum, dass deine Tochter nie aufhören wird zu arbeiten, wenn wir nicht jetzt handeln.

Säule 3a 2019
Für mehr Geld im Alter

Fördert die Spätpensionierung

Im Interview mit der VITA-Pensionskasse machte meine Co-Interviewte, Frau Monika Bütler, eine höchst Interessante Bemerkung, die mich zum nachdenken brachte und ich ihr absolut zustimme:

Ich frage mich, ob es wirklich Sinn macht, mehr als 20 Jahre nicht mehr arbeitstätig und somit oft sozial ausgeschlossen zu sein.

https://www.vita.ch/de/vorsorgethemen/wissen/warum-sparen-fuer-das-alter

Ich gehe davon aus, dass ich 100 Jahre alt werden. Vielleicht müsste ich weniger Burger essen, aber medizinisch gesehen, sollte das bis dahin kein Problem mehr sein. Mit 15 kam ich in die Berufslehre (KV bei der Mobiliar Versicherung) und arbeite theoretisch bis 65. Das sind 50 Jahre. Nach Adam Riese arbeite ich also 50 Jahre nicht. Macht das wirklich Sinn? Mit der Digitalisierung sollte arbeiten bis 70 immer einfacher werden. Hoffentlich.

Aber um beim Thema zu bleiben. Wenn ich also freiwillig länger arbeite, wieso wird meine AHV-Erhöhung gekürzt, statt gefördert? Ich verstehe dich wirklich nicht Bern.

Bei soviel Blödsinn in der AHV 21 Reform bleibt nur zu hoffen, dass sie es mit dem neuen BVG besser hinkriegen. Aber wie schon gesagt, solange die beiden Säulen nicht zusammen koordiniert reformiert werden, drehen wir uns im Kreis.

Bis bald,

-FinanzFabio

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4 Kommentare

  1. Teilweise frage ich mich, ob die Ausbildung im Finanz- und Vorsorgebereich in Bern wohl keine Anstellungsbedingung ist. In der Privatwirtschaft sollte man 21 Jahre jung sein, 10 Jahre Berufserfahrung vorweisen und 6 Sprachen können. In Bern genügt wohl die Lizenz zum Atmen. ^^

  2. Guten Abend Hr. Marchesin,
    danke für diesen spannenden Beitrag.
    Als Auslandschweizer in deinem Alter habe ich mich der freiwilligen AHV angeschlossen, mit 9.8% vom Bruttolohn + 5% Verwaltungskosten auf diesen Beitrag ist das ein sehr teurer Spass. Der ausländische Arbeitgeber bezahlt halt nicht die Hälfte. Eine Rückkehr in die Schweiz ist in den nächsten 5 Jahren wahrscheinlich.
    Nach dem lesen von deinem Artikel, habe ich das Gefühl das Geld zum Fenster raus zu werfen…siehst du das auch so?

    1. Jein. Es besteht immer noch die Möglichkeit der Invalidität. Ein Risiko das jederzeit eintreffen kann. Daher sehe ich es gemischt.

      Wenn du aber 5 Jahre lang weg bist, kannst du dich auch Rückwirkend bis zu fünf Jahre in die AHV einkaufen, also nachzahlen. Der Mindestbetrag hier ist CHF 478 pro Jahr. Wäre wohl die günstigere Alternative, somit hättest du auch nie eine Lücke.

      Bei diesem Vorgehen bitte ich dich aber, dass sauber mit der AHV abzuklären, ob die CHF 478 in deinem Fall auch wirklich stimmen. In der Regel zahlen Menschen, die nicht gearbeitet haben (auch Studenten) diesen Betrag. Wie es als Auslandschweizer aussieht weiss ich leider nicht aus dem FF.

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